13. März 2014 - Bericht "Stimulationsverfahren bei primären Kopfschmerzerkrankungen" im Rahmen der 3-Länder-Tagung

Iim Rahmen der 3-Länder-Tagung in Bad Hofgastein, 27.02. – 01.03.2014.

In den letzten Jahren wurden verschieden invasive bzw. nicht-invasive Stimulationsverfahren zur Behandlung von chronischer Migräne und chronischem Clusterkopfschmerz vorgestellt. Bisher ist der Stellenwert dieser Verfahren in der Versorgung von Kopfschmerzpatienten noch nicht geklärt, so dass verschiedene Vorträge auf der vierten Dreiländertagung in Bad Hofgastein mit diesen Verfahren beschäftigten. Neben den möglicherweise neuen therapeutischen Optionen können diese Verfahren möglicherweise auch helfen, pathophysiologische Vorgänge zu untersuchen. Zu unterscheiden sind invasive und nichtinvasive Verfahren (wobei zurzeit ein deutlicher Trend hin zu den nichtinvasiven Verfahren bemerkbar ist). Die Neurostimulationsverfahren werden peripher oder zentralnervös angewendet.

Nichtinvasiv angewendet werden können neben den bekannten TENS-Geräten transkutan wirkende Geräte zur elektrischen Stimulation beispielsweise des Nervus vagus und des Nervus supraorbitalis (Endast des N. trigeminus). Diese bieten potentielle Besserung durch prophylaktische sowie Anwendung im Akutfall, wobei die Studienlage zurzeit nicht ausreicht um die Wirksamkeit abschließend zu beurteilen. Als Grund für die Reduktion von Schmerzintensität und –frequenz wird vor allem eine Aktivierung deszendierender, hemmender Bahnen vermutet. Zwei weitere Möglichkeiten stellen die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) sowie die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) dar, welchen eine Modulierung von Prozessen im primären Motorkortex zukommt. Der Motorkortex beeinflusst das Erregungsniveau pathophysiologisch wichtiger Strukturen, z.B. den Thalamus und so das nozizeptive System.

Die Stimulation des Ganglion sphenopalatinum (SPG) mittels implantiertem Neurostimulator kann vom Patienten im Akutfall über eine telemetrische Aktivierung erfolgen. Erste Ergebnisse sind hier vielversprechend. Wie in der multizentrischen Pathway-CH1-Studie bezüglich der Stimulation des Ganglion sphenopalatinum bei chronischem Clusterkopfschmerz gezeigt werden konnte, führte die Behandlung bei einem Großteil der chronischen und bisher therapierefraktären Patienten mit einem Clusterkopfschmerz zu Verbesserungen. Hinweise ergaben sich allerdings auch bezüglich möglicher Komplikationen. So war bei einigen Versuchspersonen ein erneuter Eingriff nötig, um die Platzierung der Stimulationselektrode zu modifizieren bzw. traten neuropathische Schmerzen im Bereich des Oberkiefers auf. Die der tiefen Hirnstimulation (DBS) wird eine Stimulationselektrode in den posterioren Hypothalamus plaziert. Die Methode wird zur Behandlung therapierefraktärer chronischer Clusterkopfschmerzen eingesetzt, verliert aber wegen der inzwischen verfügbaren weniger invasiven Stimulationsverfahren immer mehr an Bedeutung. Die okzipitale Nervenstimulation (ONS) als Alternative dazu wird nicht nur bei therapierefraktärem chronischen Clusterkopfschmerz, sondern auch bei Patienten mit therapierefraktärer chronischer Migräne eingesetzt. Durch die trigemino-zervikale Konvergenz im kaudalen Trigeminuskern ist ebenfalls von einer Aktivierung deszendierender, hemmender Bahnen auszugehen. Der Stellenwert der ONS in der Therapie ansonsten refraktärer Kopfschmerzen ist aber noch unklar. Soweit Studien vorliegen, wird von einer signifikanten Besserung bei 30-40% der Patienten berichtet. Hinzuweisen ist auf das RELIEF-Register, eine Datenbank, in welche Patienten mit in den letzten 30 Tagen implantiertem Okzipitalis-Neurostimulator aufgenommen werden. Ziel ist die Anwendungsbeobachtung und Erfassung von Komplikationen. Erste Ergebnisse scheinen auf Unterschiede in der Responderrate aber auch in der Nebenwirkungsrate in Abhängigkeit von der verwendeten Technik hinzuweisen (mit Teststimulation über nach aussen geführten Elektroden besseres Ansprechen aber mehr Nebenwirkungen, ohne Testphase weniger Nebenwirkungen, aber geringere Responderrate (Bericht der Schmerzklinik Kiel).

Die invasiven Verfahren werden derzeit vor allem bei ausgesuchten Patienten mit Clusterkopfschmerzen und chronischer Migräne eingesetzt und sind mit z.T. doch erheblichen Nebenwirkungsraten behaftet, wobei die meisten Nebenwirkungen nicht schwerwiegend sind. Die Indikationsstellung sowie der operative Eingriff bei Patienten mit definiert refraktärem Krankheitsverlauf sollte daher nur durch Experten und in entsprechenden Zentren erfolgen. Bezüglich therapierefraktärer Kopfschmerzen gilt: die den Leitlinien entsprechenden Kopfschmerzen bestehen seit 24 Monaten, treten täglich auf und beeinträchtigen die Lebensqualität signifikant, eine Therapie nach den Leitlinien hat zu keiner Besserung geführt und eine die Krankheit bestimmende psychiatrische Komorbidität besteht nicht. Die nicht-invasiven Verfahren wie die transkutane Nervus vagus-Stimulation bzw. Nervus supraorbitalis-Stimulation sind dagegen weniger kostspielig und auch potentiell nicht mit Nebenwirkungen behaftet, so dass die Indikation weniger streng gestellt werden kann. Selbstverständlich sind aber auch hier Studien zur Beurteilung deren Effektivität notwendig.

Bericht als kompletten Download (PDF)

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